Nachdem mir mein Giro D'Italia im Jahr 2014 viel Spaß gemacht hat, wollten wir auch heuer "Urlaub am bzw. mit dem Fahrrad" machen und da wir noch nie in Sizilien gewesen sind, war die Insel bald als Ziel festgelegt.

Logistisch wäre es aufwändiger gewesen, die eigenen Fahrräder mitzunehmen, die Transportschachteln hätten inzwischen irgendwo deponiert werden und der Rücktransport auch bezahlt werden müssen, daher haben wir uns entschlossen, die Fahrräder vor Ort auszuborgen, mit Rentbike.it habe ich einen verlässlichen Partner ausfindig machen können.

Rennräder oder Mountainbikes sind wegen des zu transportierenden Gepäcks gar nicht in Frage gekommen, also haben wir Trekkingräder genommen; eigentlich haben sie nicht sehr sportlich ausgesehen, allerdings sind sie sehr bequem gewesen und haben eine Sizilien-taugliche Schaltung gehabt.

Beim Einlesen in Informationen zu Sizilien war schnell klar, dass die Insel zu groß ist, um sie in drei Wochen komplett mit dem Fahrrad befahren zu können, daher haben wir den Bereich eingeschränkt auf den Südosten:

Als Ankunftsort bietet sich da natürlich Catania an, beim Anflug umrundet das Flugzeug den riesigen Ätna, der praktisch den Großteil der Insel im Nordwesten prägt.

Catania ist zwar eine wichtige Hafenstadt, das Zentrum ist aber durch die Eisenbahn faktisch vom Meer abgeschnitten und es entsteht kein Meerfeeling, und auch der große Hafen ist für Erkundungen wenig geeignet bzw. gesperrt.

Die Stadt selbst macht den Eindruck, als ob sie schon bessere Zeiten gesehen hat, moderne Bauten mischen sich mit älteren und zwischendrin immer wieder Relikte aus der Vergangenheit, wie z. B. das römische Amphitheater – inzwischen aber umgeben von vier Straßen.

Etwas Meerfeeling kommt dann aber doch am Fischmarkt auf:

Dort werden auch Tunfische lautstark angepriesen und verkauft:

und einige Lokale laden dazu ein, die frischen Fische und Meeresfrüchte aller Art sofort zu verkosten:

Nach zwei Sightseeing-Tagen werden unsere Räder angeliefert, wir packen unsere Dinge in unsere zwei Radtaschen und machen uns auf den Weg:

Den ursprünglichen Plan, zuerst ins Landesinnere zu fahren und dann erst ans Meer und an die Küste, haben wir verworfen, weil die genauere Planung der Routen gezeigt hat, dass im Landesinneren größere Höhen zu machen sind und wir uns dafür erst "aufwärmen" wollen.

Nachdem wir Catania hinter uns gelassen haben, wird der Verkehr schnell bald weniger und die Gegend wird einsamer, nur der Ätna steht immer sichtbar im Norden.

Wir fahren Richtung Süden, die Gegend entlang der Küste ist durch zahlreiche (petro)chemische Betriebe leider lange wenig reizvoll, irgendwann wird es aber schöner und nach ca. 90 km erreichen wir Siracusa:

Das antike griechische Theater wird inzwischen auch für Opern- und Schauspielaufführungen genützt, schade, dass wir das nicht früher gewusst haben, sonst hätten wir die Route anders planen und eine der Aufführungen besuchen können, wäre bestimmt ein tolles Erlebnis gewesen – nächstes Mal eben...

In den antiken Steinbrüchen des Parco Archeologico della Neapoli wurde Kalkstein zum Bau der Stadt gewonnen, der beeindruckenste davon ist sicher das über 20 m hohe "Ohr des Dionysios".

Aber auch modernere Bauwerke hat Siracusa zu bieten, wie die Kirche Madonnina delle Lacrime, die weniger wie eine Kirche, sondern mehr wie eine Raumstation ausschaut:

Der große Gemüse-, Obst- und Fischmarkt bietet gute Gelegenheiten, bei uns weniger gängige Snacks zu verkosten:

Nach zwei gemütichen Tagen in Siracusa geht es weiter Richtung Süden, Straßensperren oder Fahrverbote sind für verwegene ;-) Radfahrer nicht wirklich von Bedeutung:

Das nächste Etappenziel ist das ganz im Süden gelegene Portopalo di Capo Passero:

Die dort an Land geschleppten Boote mit arabischen Beschriftungen stimmen uns schon etwas nachdenklich:

Ein "Must-Have-Been-There" für Sizilien-Radfahrer ist sicher Isola delle Correnti, der südlichste Punkt Siziliens – dieser liegt sogar südlicher als Tunis:

War für mich von Anfang an völlig klar, dass ich hier gewesen sein muss:

Kakteen und Gewächshäuser kann man eigentlich als die Wahrzeichen von (Südost-)Sizilien bezeichnen:

Wir fahren zuerst weiter entlang der Südküste. Hier gibt es im Gegensatz zur nördlichen Adria, wo Sand an den Stränden zugeführt werden muss, genau das andere Problem: der Wind weht große Sandmassen vom Meer Richtung Landesinneres – und auch auf die Straßen:

Wir lassen dann für einige Tage das Meer hinter uns und fahren Richtung Norden, die ebene Landschaft der Küstenregion beginnt sich langsam zu verändern...

... und wird hügeliger, außerdem wird es grüner:

Die SS 115 überquert auf einer mächtigen Brücke das Tal kurz vor Modica, was den ersten Eindruck dieser UNESCO-Weltkulurerbe-Stadt nicht gerade nett macht:

Die Stadt selbst liegt aber wunderschön im Zusammenschluss von drei Schluchten:

Von Modica machen wir einen Tagesausflug mit dem Zug ins ca. 15 km entfernte Ragusa, am Bild der alte Stadtteil Ibla:

Nach unserem sehr eindrucksvollen Aufenthalt in den alten Barockstädten packen wir wieder unsere Sachen und fahren auf einsamen, kleinen Straßen zurück zum Meer.

Ziel ist heute Marina di Ragusa, ein kleiner, beschaulicher Badeort, in dem die Hauptsaison noch nicht begonnen hat:

Der Fischerhafen des nahe gelegenen Donnalucata ist schnell besichtigt:

Mit dem Auto wäre man in alle Richtungen bald an seinem Ziel angekommen, mit dem Rad geht es da langsamer, aber sicher eindrucksvoller durch die Gegend:

Unsere Route führt uns dann zunächst weiter nach Westen bis Licata und von dort ins Inselinnere, die Hügel im Hintergrund zeigen, dass die zu verwendenden Gänge wieder niedriger werden müssen:

Die Straßen werden schmäler und steiler und sind teilweise gar nicht mehr asphaltiert, mein Fahrrad-Navi arbeitet aber auch hier zuverlässig:

Zersiedelung gibt es hier fast keine, endlose Felder bestimmen die Gegend:

Zielort ist heute die Provinzhauptstadt Caltanisetta:

Eine kurze Fahrt trennt und am nächsten Tag vor unserem Etappenziel in Enna, hier wird es einmal so steil, dass wir die Räder auch fast nicht mehr hinaufschieben können:

Enna selbst liegt wunderschön – wie viele der Städte im Inselinneren – auf einem Hügel:

und sieht aus der Ferne (wahrscheinlich) aus wie das gegenüberliegende Calascibetta:

Nach zwei Ruhe- und Besichtigungstagen fahren wir weiter Richtung Caltagirone:

Ganz in der Nähe von Piazza Armerina gilt es die Villa Romana del Casale zu besichtigen, deren prachtvolle Mosaike ebenfalls von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden.

An Piazza Armerina selbst fahren wir dann aber nur vorbei.

Schneeketten- bzw. Winterreifenpflicht gilt hier (hoffentlich) nicht für Fahrräder:

Unser nächstes Ziel ist die bekannte Keramikstadt Caltagirone mit ihrem Wahrzeichen, der sehr beeindruckenden, langen Treppe, die regelmäßig mit einer anderen riesigen Blume dekoriert wird

und deren Stufen viele unterschiedliche Keramikfliesen zieren.

Erst bei der Weiterfahrt bietet sich ein Gesamtblick auf das malerische Caltagirone:

Weiter geht es nach Osten, wir fahren nun leider schon wieder Richtung Catania. An diesem Tag fahren wir fast am größten Flüchtlingslager Italiens vorbei, welches vor kurzem in einem Artikel des Spiegel beschrieben wurde.

Die Einfahrt zurück ins Zentrum von Catania gestaltet sich etwas schwierig, da das Navi eine stark befahrene Straße nehmen will – wir aber nicht.

Schließlich erreichen wir wieder unseren Ausgangspunkt, wo wir uns nun endlich auch ein Moretti verdient haben ;-)

Mit dem Zug machen wir noch einen Ausflug nach Taormina, wo sich schon jetzt Touristenmassen drängen, wir gehen allerdings höher hinauf, und schnell sind wir wieder alleine, wo sich uns gute Ausblicke bieten auf Taormina selbst...

... nach Kalabrien...

... und Richtung Süden, wo der Ätna wie so oft hinter einer Nebel- bzw. Wolkenschicht verborgen liegt:

Auch in Catania haben wir offensichtlich zu Beginn der Reise noch nicht alles gesehen, wie zum Beispiel das mitten in der Stadt gelegene römische Theater:

Der Fischmarkt will auch noch einmal besucht werden und das "antipasto crudo" beim Mittagessen ist so frisch, dass man meint, die Tiere sind selber auf den Teller gestiegen:

... und die Zitronen dazu kommen gleich vom Marktstand nebenan:

Nach einem kleinen Marsch auf einer Autobahn-ähnlichen Straße (wo vor uns wahrscheinlich noch nie jemand zu Fuß gegangen ist) sehen wir aber letztendlich doch noch, dass die Menschen aus Catania richtige "gente di mare" sind.

Drei Wochen sind eine schöne Zeit, um gut ausspannen zu können: 750 km und 7.000 Höhenmeter sind wir mit dem Fahrrad gefahren und viele beeindruckende und schöne Orte haben wir gesehen, irgendwann ist sie aber trotzdem vorbei – und die letzten Blicke auf Catania und den Ätna zeigen noch, warum Sizilien sicher wieder eine Reise wert sein wird.

© Juli 2015, Dietmar Maurer. Alle Rechte vorbehalten.