Am Dienstag, den 25. 1. 2005 ist sie also gestartet - unsere Expedition zum Kilimanjaro.

Die Vorgeschichte

Vor mehr als einem halben Jahr hat mich Wolfgang bei einer Geburtstagsfeier gefragt, ob ich Lust hätte, im Jänner 2005 mit auf den Kilimanjaro zu gehen; ich hab ihm damals gesagt, dass ich es mir überlegen würde, in mir habe ich aber sofort gewusst, dass ich da mitgehen werde.

Ich habe gleich begonnen, ein bisschen im Internet zu suchen, um zu sehen, wie es wohl sein könnte, ich hatte überhaupt keine Ahnung über Schwierigkeit und Länge der Tour, ich fand aber schnell heraus, dass die Besteigung des Kili keine sonderliche alpinistische Hochleistung ist, dass es trotzdem allerdings nur 40% der Bergsteiger schaffen, bis zum Gipfel zu kommen, der Grund dafür ist die für uns europäische Bergsteiger große Höhe von 5895 m.

Den Aufenthalt in dieser Höhe kann man bei uns nicht trainieren, man kann nur seinen Kreislauf verbessern, daher bin ich dann relativ viel gelaufen, einige Gipfel haben wir gemacht und später sind auch noch einige Nachtschitouren dazugekommen - eine sehr nette Sache, mit einer Stirnlampe ein paar Stunden mitten in der Nacht auf einen Berg raufzugehen und dann wieder runterzufahren.

Unterbrochen wurde mein Training nur durch meinen 3-wöchigen Herbsturlaub in Thailand :-)

Die Organisation der Expedition hat Wolfgang übernommen, durch gute Kontakte zur Firma Northland hatte er die Kontaktadresse von Ronaldo Mvungi von Top Africa Expedition, unserem Ansprechpartner und zukünftigen Guide in Tansania; Ronaldo hat uns dann alles in Afrika organisiert, die Route, die wir gehen werden, ist nicht die Normalroute - abschätzig als Cola-Cola-Route bezeichnet - sondern die schönere, allerdings auch längere und anstrengendere Machame-Route.

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Ab nach Afrika!

Wie es oft so ist, schläft alles ein bisschen ein, wenn nichts passiert, Anfang Jänner allerdings haben wir - Wolfgang, ich und zusätzlich ins Team gekommen im Herbst sind Robert und Grete - gemerkt, dass die Kili-Zeit nun gekommen ist und es ziemlich bald losgehen wird ... ganz schön aufregend!

Am Wochenende vorm Abflug galt es zu packen, jeder kennt es, irgendwann holt man alles wieder raus, um zu sehen, ob man nicht doch etwas vergessen hat - natürlich nicht, also alles wieder rein. Ein Tipp, den wir bekommen haben, war, im Handgepäck eine Miniausrüstung - Schuhe, Jacke, ein Satz Kleidung - mitzunehmen, falls das Gepäck nicht ankommen sollte, dann könnte man zumindest losgehen und einige Träger würden dann mit dem »richtigen« Gepäck nachkommen.

Dann ging es also los! Abflug Graz um 15:40 nach Frankfurt, dort 4 Stunden Wartezeit und dann Richtung Afrika. Flüge sind lang und langweilig und trotzdem kommt man irgendwann an - in unserem Fall um 06:00 am Kilimanjaro International Airport.

Bei der Landung sehe ich durch das Fenster, dass es regnet, deckt sich gar nicht recht mit dem Bild, dass man über Afrika hat ... zumindest ist es aber um ungefähr 35 Grad wärmer als in Graz.

Bei der kurzen Wartezeit auf die Einreiseformalitäten sehen wir beachtliche Mengen von Moskitos und ich denke mir, dass die Malariatabletten nicht umsonst im Gepäck sind und dass wohl auch die diversen anderen Impfungen ihren Sinn haben - allerdings kann ich mich dann nicht erinnern, außerhalb des Flughafengebäudes nochmal irgendwelche Moskitos gesehen zu haben ...

Dann der erste Nervenkitzel: wird Ronaldo, unser Guide, wie versprochen am Flughafen sein und uns abholen - und tatsächlich sehen wir sofort einen lachenden jungen Mann, der ein Schild mit Wolfgangs Namen hält, eine kurze Begrüßung und Vorstellung und schon geht es ab in einem Kleinbus Richtung Moshi.

Ich habe es schon einige Male erlebt, wie die ersten Eindrücke über ein armes Land, wie Tansania eines ist, sind: karge Landschaft, es wächst wenig und überall liegt viel Müll, außerdem ist man übermüdet und so ist man dann gar nicht so beeindruckt; bei mir entscheidet mittlerweile nicht mehr der erste Eindruck, sondern ich warte ab ...

Nach ca. einer Stunde Fahrzeit kommen wir in einem netten Hotel an, in dem schon Zimmer für uns gebucht sind; in dieses Hotel werden wir nach der Expedition wieder zurückkommen und wir können daher nichtbenötigte Teile unseres Gepäcks hier zurücklassen.

Den Rest des Tages verbringen wir mit dem Vorbereiten unserer Ausrüstung und dem »Briefing« über den Ablauf der Expedition, außerdem machen wir, um ein bisschen die Gegend - voll von Kaffee und Bananen - zu erkunden, einen Ausflug zu einem Wasserfall, die Fahrt mit dem Geländewagen ist sehr abenteuerlich, allerdings scheint der Fahrer hier nicht zum ersten Mal zu sein.

Es ist sehr schwül und bedeckt, doch irgendwann verziehen sich die Wolken etwas und weit im Hintergrund sehen wir zum ersten Mal unser Ziel, den Uhuru-Peak, hier einfach Kili genannt:

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"Naja, sehr hoch sieht er eigentlich nicht aus, da kommen wir schon rauf..."

Von nun an geht's bergauf!

Als wir am Morgen aufstehen, sind alle Wolken weg und nun sehen wir den Berg in seiner vollen Pracht vom Balkon unseres Hotels:

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"Hmm, jetzt sieht er doch deutlich höher aus ...", vom Blickpunkt aus gesehen ist der Gipfel ziemlich genau 5 000 m über uns, "... vielleicht wird es doch nicht ganz so einfach ..."

Nach dem Frühstück kommt Ronaldo mit einem Kleinbus an, diesmal sind noch Abu, unser Assistent-Guide und drei Träger im Auto, außerdem ist es vollgepackt mit diversen Säcken, für uns bleibt allerdings auch noch Platz. Wir fahren los und bald biegen wir von der Hauptstraße ab nach Norden, die Straße wird nun schlechter und steiler und nach ca. einer Stunde Fahrzeit sind wir am Ausgangspunkt unserer Expedition: dem Machame-Gate auf 1 800 m Höhe:

1. Etappe

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Hier muss sich jeder Bergsteiger registrieren und hier treffen wir nun auch auf die Menschen, die uns als Träger und Guides begleiten werden:

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Zwölf Mann werden mit uns mitkommen: Ronaldo, unser Guide, Abu, unser Assistent-Guide, der aber auch wie Nuru, unser Koch, als Träger eingesetzt wird und neun weitere Träger versuchen, einen ganz beachtlichen Berg an Utensilien zu sortieren und aufzuteilen, u. a. sehen wir 25 kg Maismehl und befürchten, dass die Kost sehr, sehr eintönig werden könnte ...

Während die Träger noch packen, gehen wir also los: zu Beginn einen breiten Waldweg entlang; immer wieder überholen uns Träger, teilweise mit sehr schlechter Ausrüstung und alle sind sie vollgepackt.

Ronaldo erzählt uns aber, dass sich die Bedingungen der Träger in den letzten Jahren deutlich gebessert haben, sie dürfen nun maximal 25 kg Gepäck tragen - jeder Träger muss dann auch beim Gate sein Gepäck auf eine Waage legen - ein Gewicht, das ich auch schon öfter am Rücken hatte, trotzdem bin ich aber nicht unglücklich darüber, nur mit meinem kleinen Tagesrucksack unterwegs zu sein.

Anfangs war mir nicht sonderlich wohl bei dem Gedanken, dass andere Menschen unser Gepäck hinauftragen, während wir nur mit einem kleinen Rucksack gehen, Ronaldo hat uns aber schnell klar gemacht, dass es einerseits der Job dieser Menschen ist und sie andererseits für die Verhältnisse in Tansania überdurchschnittlich viel verdienen.

Bald wird der Weg dann etwas schmaler, es geht sich aber weiterhin angenehm, da der Weg vor einigen Jahren frisch befestigt und stabilisiert wurde - früher war er sehr schlecht, da ihm das Wasser in der Regenzeit stark zugesetzt hat und ihn immer wieder gänzlich ausgewaschen hat.

Der Regenwald ist sehr interessant anzusehen, alles ist mit Moos und Flechten bewachsen, und er bildet ein ziemlich dichtes Dach, so dass ein kurzer Regenguss zwischendurch uns kaum benetzt.

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Nach ca. 3½ Stunden erreichen wird die Waldgrenze und die Vegetation ändert sich fast von einem Schritt auf den anderen, es gibt nun nur mehr Sträucher und Gräser, am folgenden Bild sieht man noch einige ca. 4-5 m hohe, kahle Stauden, dies ist abgestorbener »Erika«, ein Gewächs, das es auch bei uns gibt, allerdings nur bis ca. 50 cm hoch; abgestorben sind sie alle, weil es vor ca. 20 Jahren hier einen Brand gegeben hat, der die ganze Gegend verwüstet hat.

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Von hier gehen wir nochmals ungefähr 1½ Stunden bis zum ersten Etappenziel, dem Machame-Camp auf 2 930 m. Bei unserer Ankunft sind unsere Zweimann-Zelte schon aufgebaut, daneben steht ein kleines Esszelt.

Vor den Zelten standen zwei kleine Schüsseln mit heißem Wasser, damit wir uns ein bisschen waschen konnten; diese Schüsseln waren unser »Badzimmer« für die nächsten Tage, zum Zähneputzen und für eine kleine Katzenwäsche hat es gereicht, mehr gibt es allerdings auch nicht.

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Im Esszelt konnten wir feststellen, dass unsere Mannschaft auch einen kleinen Tisch, vier Klappsessel und richtige Teller und Teetassen mitgebracht hatten und heißes Teewasser, Nüsse und frisches Popcorn für uns hergerichtet waren.

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Wir hatten bei unseren Vorbereitungen immer wieder gelesen, dass die wichtigste Sache beim Höhenbergsteigen überhaupt das Trinken ist, und man soll jeden Tag zumindest 3-4 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Wasser stand immer genügend zur Verfügung, es gibt bei fast allen Camps, außer dem letzten, in der Nähe Quellen und Bäche, allerdings wurde das Wasser für uns abgekocht, die Träger haben es aber so getrunken. Jeder, der weiß, wie abgekochtes Wasser schmeckt, weiß auch, dass man da irgendetwas reingeben muss, zur Verfügung standen schwarzer Tee, Löskaffee und irgendein ganz merkwürdiger Energie-Kakao; am ersten Tag habe ich dann sehr viel Kaffee getrunken, was sich dann in der Nacht aber nicht so toll auf meinen Schlaf ausgewirkt hat, daher habe ich ab diesem Zeitpunkt auf den schwarzen Tee zurückgegriffen, und zwar habe ich mit jedem Teebeutel dreimal eine Tasse zubereitet - keine hohe Teekultur, aber um den Flüssigkeitsbedarf zu decken, war es für mich dann ok.

Am Bild mit den zwei Zelten ist auf der linken Seite eine der Toiletten zu sehen und dazu folgende Bemerkungen: bis vor einigen Jahren wurde der Müll in dafür vorgesehene Löcher geschmissen und wenn diese voll waren, wurde er einfach verbrannt.

Mittlerweile hat aber bei der Nationalparkverwaltung ein großes Umdenken eingesetzt:
  • campieren außerhalb der Camps ist verboten
  • es gibt in den Camps viele Plumpsklos
  • die Guides sind dazu verpflichtet, sämtlichen Müll - auch Biomüll! - wieder mit ins Tal nehmen zu lassen

Durch diese Maßnahmen sind die Camps wirklich äußerst sauber, da könnte sich in unseren Bergen mancher etwas abschneiden!

Es hat dann wieder etwas zu regnen begonnen, und wir waren froh, dass wir uns in unsere Zelte zurückziehen konnten und ein bisschen (MP3-)Musik horchen konnten, ein bisschen lesen und auch unsere Eindrücke niederschreiben konnten. Vor dem Abendessen bin ich noch etwas im Camp herumgegangen, ich würde sagen, insgesamt waren da ca. 30 Bergsteiger und ca. 50-60 Träger im Machame-Camp, man ist also keineswegs alleine, was wir aber gewusst hatten.

Zum Abendessen gab es dann zu unserer Überraschung kein Maismehl in irgendeiner Form, sondern ein ganz ausgezeichnetes Gericht aus Gemüse, dazu Kartoffel in ganz beachtlicher Menge. Als Nachtisch gab es frische Früchte. Später hat Ronaldo uns erzählt, dass das Maismehl mit einer scharfen und salzigen Fischsauce das Hauptnahrungsmittel der Träger ist, sie ließen uns einmal davon kosten, allerdings war es überhaupt nicht mein Geschmack.

Apropos Früchte: eigentlich gab es zu jedem Essen - auch zum Frühstück - immer frisches Obst, die Träger haben beachtliche Mengen an Ananas, Mangos, Avocados und Melonen getragen!

Am Morgen hatte ich das Gefühl - eben wegen des Kaffees - in der Nacht überhaupt nicht geschlafen zu haben, was aber wohl nicht gestimmt hat, da ich kaum müde war. Um 7 Uhr gab es Frühstück, unser Koch hat uns Toast zubereitet, ferner gab es ein gebratenes Würstchen und ein Spiegelei - und natürlich wieder literweise Tee.

Wir haben unsere Expedition so angelegt, dass wir sehr viel Zeit hatten, uns an die Höhe zu gewöhnen, Wolfgang und Robert haben gewusst, dass sie Probleme haben könnten, und so sind wir an diesem Tag nicht zum nächsten Camp gegangen, sondern haben eine Akklimatisationstour Richtung Shira-Camp gemacht, bei ca. 3 600 m war unser Tages-"Höhe"punkt erreicht, wie am Bild zu sehen, war es auch in dieser Höhe noch warm.

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Es gab sehr schöne Blumen und Pflanzen zu sehen, so sind wir sehr langsam unterwegs gewesen und haben viel geschaut und fotografiert.

Bald nachdem wir zurück im Camp waren, hat es wieder zu regnen begonnen, diesmal allerdings stärker und einige Gruppen, die erst später im Camp angekommen sind, haben uns ziemlich Leid getan, weil wir wussten, dass ihre Kleidung auf der Tour wohl nicht mehr vollständig trocken werden würde.

Zum Abendessen gab es dann Suppe und Reis mit einer indisch schmeckenden Gemüsesauce - wieder ausgezeichnet.

2. Etappe

In dieser Nacht habe ich deutlich besser geschlafen und bin dann um ca. 6:30 aufgewacht, und nach dem Frühstück sind wir gegen 8:30 weitergegangen, dieselbe Route wie am Vortag, da wir schon alles fotografiert hatten, sind wir auch schneller unterwegs gewesen.

Der Weg hat uns durch eine mystische Gegend geführt und ich habe fast erwartet, dass auf einem Stein oder Baum ein Schrat sitzen könnte und uns beim Gehen zuschauen würde.

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Gegen 13:30 sind wir im Shira-Camp auf ca. 3 900 m angekommen, das Wetter war ziemlich mäßig und bald darauf hat es stark zu regnen und sogar zu hageln begonnen, was uns aber eigentlich wieder egal war, da wir es nur aus unserem Zelt heraus gehört haben.

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Wolfgang hat über leichte Kreislaufprobleme geklagt, und sowohl Robert als auch Grete hatten leichte Kopfschmerzen - mir ging es aber sehr gut.

Am Abend hat es aufgehört zu regnen und es wurde ein bisschen klarer und wir konnten im Westen in einiger Entfernung den Mount Meru (4 566 m) sehen:

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Im Osten ist der Kili hervorgekommen, allerdings hatte es ganz frisch geschneit, was uns dann doch leicht beunruhigt hat und außerdem hat es nun auch etwas abgekühlt.

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Zum Abendessen gab es Nudeln mit einer ausgezeichneten Fleischsauce - eines der wenigen Male, wo unser Koch Fleisch verwendet hat - Gemüse hält sich über die Zeit der Expedition besser und ist außerdem viel bekömmlicher.

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Nudeln gab es allerdings in solchen Mengen, dass wir mit Ronaldo gesprochen haben und ihn gebeten haben, die nächsten Tage weniger für uns vorzubereiten zu lassen.

3. Etappe

Nach dem Frühstück sind wir wieder gegen 8:00 losgegangen, die Landschaft war sehr lange gleichbleibend, allerdings reizvoll.

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Der »Höhe«punkt für diesen Tag war das Lava-Tower-Camp auf 4 600 m.

Hier wollte eine amerikanische Gruppe übernachten und hatten schon die Zelte aufgebaut. Allerdings sind sie dann irgendwann in der Nacht ins Barranco-Camp abgestiegen, in dem auch wir waren, einige Teilnehmer hatten massivste Probleme mit der Höhe und sie mussten runter; in der Früh haben wir zwei Bergsteiger beobachtet, wie sie völlig fertig aufgestanden sind und dann nur vor ihren Zelten gesessen sind; für diese Gruppe war das Abenteuer Kilimanjaro aus und sie sind am Tag zurück ins Tal abgestiegen.

Mir ging es immer noch sehr gut, Wolfgang, Grete und Robert hatten aber wieder Kreislaufprobleme und Kopfschmerzen, besonders Robert schien ziemlich zu kämpfen.

Der Abstieg auf 4 000 m ist mir dann relativ weit vorgekommen, allerdings war die Landschaft wieder sehr schön, und die Lobilien und Senezien am Wegesrand waren sehr beeindruckend:

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Im Barranco-Camp auf ziemlich genau 4 000 m

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waren wir dann froh, dass diese doch anstrengende Etappe vorbei war und dass es trotz vieler Wolken trotzdem nicht geregnet hat. Von hier aus hat der Kili sein Aussehen wieder total verändert und glich eher einem Berg in den Alpen.

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In der Nacht gabe es dann unglaubliche Gewitter mit starkem Regen und dies klingt in einem Zelt noch ein ganzes Stück lauter, da galt es, Gianna Nannini im MP3-Player ein bisschen lauter singen zu lassen.

4. Etappe

In der Früh hat es nicht mehr geregnet, das Wetter hat aber noch relativ schlecht ausgesehen und um 9:00 sind wir aufgebrochen, gleich zu Beginn gab es eine kurze Kletterei durch eine Wand (wohl das »anspruchvollste« Stück der Kili-Begehung). Ca. 200 Höhenmeter weiter oben ist man dann am Tageshöhepunkt auf 4 200 m, von hier ging es dann auf gleichbleibender Höhe wieder durch sehr reizvolle Landschaften weiter zum nächsten Camp - dem Karanga-Camp auf 4 000 m.

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Da diese Etappe relativ kurz war, haben wir am Nachmittag noch 300 Höhenmeter gemacht, einfach um ein bisschen Höhe zu schnuppern, wir waren nun schon einige Tage immer auf ca. 4 000 m und der Hunger nach mehr hat stark zugenommen.

Außerdem hat es ab diesem Zeitpunkt einen deutlichen Wetterumschwung gegeben und am Abend hat es dann Ausblicke auf den Kili gegeben, für die allein es sich schon gelohnt hätte, diese Tour zu machen:

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Vom Camp ist das Gipfelplateau zum Greifen nah, wir befinden uns aber noch gut 2 000 Höhenmeter tiefer.

5. Etappe

In der Früh war das Wetter dann noch besser und unsere Träger haben unser Frühstück ins Freie verlegt.

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Anschließend sind wir weitergegangen zum Barafu-Camp auf 4 600 m, dem letzten Camp vor der Gipfeletappe. Oben gibt es kein Wasser mehr und so musste einer der Träger unser benötigtes Trinkwasser in einem Kanister mitnehmem - keine leichte Aufgabe, aber eben ein Job.

In dieser Höhe gibt es dann eigentlich keine Vegetation mehr, hier »wachsen« nur mehr Steine in der Steinwüste und daher gibt es auch nicht viel zu sehen außer Steine, auch ist dann ein bisschen Nebel herumgezogen und es war eher kalt.

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Im Barafu-Camp gibt es nicht mehr so viel Platz wie in den anderen Camps, doch die Träger haben es wieder geschafft, die Zelte aufzustellen.

Da die lange Gipfeletappe bevorstand, haben wir uns dann am Nachmittag in die Zelte zurückgezogen, um uns zu entspannen, es hatte auch wieder ganz leicht zu regnen begonnen, also mäßige Vorzeichen für den Gipfel

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Die Gipfeletappe

Wir wollten um 00:00 weggehen, deshalb haben sich nach dem Abendessen um 18:00 alle schnell zurückgezogen, auch ich dachte, dass ich noch ein bisschen schlafen werde können. Allerdings war ich da gar nicht müde, und so bin ich nur herumgelegen, doch schon etwas aufgeregt über das bevorstehende Ereignis.

Um 23:00 schließlich bin ich aufgestanden, es war sternenklar (viele der Sternbilder auf der Südhalbkugel kann ich nicht benennen, aber das »Kreuz des Südens« ist ausgezeichnet zu erkennen), keine einzige Wolke war zu sehen, kalt, die Zelte waren mit einer ganz leichten Eisschicht überzogen - wunderbare Eindrücke!

Um 23:30 waren alle anderen auch wach und es gab nochmal Tee und einige Kekse, später haben wir bei Ronaldo nachgefragt, warum wir kein Wegproviant mitbekommen haben, er meinte, dass er damit nur schlechte Erfahrungen gemacht hat, viele Bergsteiger vertragen in dieser Höhe bei Anstrengung fester Nahrung sehr schlecht und er als Organisator der Expedition könne auf Kritik der Art »... wenn mir von der Verpflegung nicht so schlecht gewesen wäre, hätte ich den Gipfel doch geschafft« gut verzichten.

Eine gewisse Nervosität war allen anzumerken - und so ist es also tatsächlich genau um 00:00 Uhr losgegangen.

In ganz langsamen Tempo gingen wir mit unseren Stirnlampen vom Camp weg, dieses Gehtempo, mit dem man in diese Höhe unterwegs ist, ist schwer zu erklären, wenn man es nicht selber erlebt hat, durchschnittlich werden wir 200 Höhenmeter in der Stunde machen, zum Vergleich sind wir hier auf Grazer Höhe am Ende unseres Training 800-900 Höhenmeter in der Stunde gegangen, also ungefähr viermal mehr als hier, allerdings ist das Tempo »angemessen«, es ist für diese Höhe das genau optimale Tempo, mehr ist ganz, ganz schnell sehr anstrengend.

Der Weg geht zuerst mäßig steil los und 1½ - 2 Stunden gehen wir so dahin, manchmal überholen uns andere Gruppen, manchmal überholen wir andere Gruppen, aber im Grunde gehen alle gleich schnell - besser gesagt langsam. Es ist sehr kalt, das langsame Gehtempo bringt den Körper auch nicht auf diese Touren, die nötig wären, um der Kälte entgegenzuwirken, vor allem ein paar zusätzliche Socken wären von Vorteil gewesen.

Wir sprechen wenig, jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Ronaldo checkt ca. einmal in der Stunde unseren Zustand, einsetzende Höhenkrankheit, sagt er, erkennt man an Lippen und Pupillen, wir bestehen jeweils.

Es begann jetzt wohl für alle der härteste Teil der Expedition:

Mir geht es so, dass das nächste Ziel die 5 000 Meter Anzeige am Höhenmesser ist, immerhin eine Höhe, die man in Europa nicht mehr findet, und gegen 02:00 springt mein Höhenmesser tatsächlich von 4 995 auf 5 000 um, ein kleiner, erhabener Moment, den ich aber gar nicht richtig auskoste, das Ziel ist schließlich der Gipfel und dahin sind es noch 900 Höhenmeter, ein weiter Weg - und ob der Höhe - ein »verdammt« weiter Weg.

Aus Berichten und auch aus der sehr einfachen Rechnung - wenn man 200 Höhenmeter in der Stunde macht, braucht man für 900 Höhenmeter ... genau: 4½ Stunden - weiß ich, dass, wenn wir so - gut - weitergehen, um 6:30 am Gipfel sein können.

Das Gelände wird zunehmend steiler, die Schritte mühsamer, jeder einzelne wird bewusst gesetzt. Ab 5 200 m bemerke auch ich ein leichtes Schwindelgefühl, immer noch 700 m! Robert ist ziemlich angeschlagen - Schwindel, Übelkeit, allerdings keine »echte« Höhenkrankheit, es wird aber allen klar, dass er sich von der Gruppe mitziehen lassen wird - er ist eben eine Kämpfernatur.

Stundenlang geht es nun so dahin, das Gelände ist inzwischen so steil, dass man sich schon leicht zum Hang hin neigen muss, doch dann kam für mich ein Umbruch: auf ca. 5 600 m haben wir nochmal eine kurze Trinkpause gemacht und diese hat meinem Körper offensichtlich neue Energien zurückgegeben.

150 - zugegebenermaßen noch sehr mühsame - Höhenmeter später, war es dann so, als ob man durch eine Tür geht: plötzlich ist das steile Gelände vorbei und wir befinden uns am Stella-Point - einer der Orte, die schon als Kili-Besteigung gelten - warum auch immer, der höchste Punkt ist noch gut 150 m über uns und in jeder Beschreibung, die ich in der Vorbereitungsphase gelesen habe, wird dieser letzte Streckenabschnitt als der härteste bezeichnet und viele Bergsteiger gehen von hier auch nicht mehr zum Gipfel weiter.

Wir aber sind wie neugeboren, und nicht zum Gipfel zu gehen wird gar nicht diskutiert, das Gelände ist flach ansteigend, und was ist schon eine Stunde Gehzeit ...

Inzwischen fängt es an zu dämmern, den Sonnenaufgang am Kili zu sehen - ja, so hatten wir es uns schon in Graz vorgestellt ...

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"Hmm, deutlich mehr Schnee, wie in allen Berichten beschrieben wird ... man muss sich eben doch alles selber ansehen!"

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6:20: Luftlinie bis zur Gipfeltafel schätzungsweise 150 Meter, fünf Minuten später sind wir da:

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Uhuru Peak - der Kilimanjaro - genannt Kili - 5 895 m - der höchste Punkt Afrikas, einer der 7 Summits der Erde. Cool!

Cool aber auch tatsächlich, kalt ist es, es bläst ein scharfer, eisiger Wind, die Handschuhe auszuziehen, um ein Foto zu machen, ist sehr unangenehm, einige Dinge, die ich mir in Graz vorgestellt habe, an diesem Ort zu machen, sind vergessen, vier Steine nehme ich allerdings mit, die ich an einige ganz besondere Menschen weitergeben werde.

45 Minuten später beginnt unser Weg nach unten, ein sehr sehr weiter Weg, denn wir werden heute noch 3 000 m nach unten gehen - vor drei Jahren bin ich einmal in Slovenien vom Triglav 2 000 m hinunter gegangen, und damals schon waren meine Knie weich wie Butter.

Unsere zwei Guides hatten sich offenbar darauf verständigt, unsere kleine Gruppe aufzuteilen, Abu winkte Grete und mich zu sich, Ronaldo wartet auf Wolfgang und Robert, die noch fotografieren.

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Abu kennt die schnellen Wege nach unten, wir folgten ihm im Laufschritt und über steile Schotterhalden sind wir in 75 Minuten zurück im Barafu-Camp, hier empfangen uns unsere Träger, die uns schon von Weitem haben kommen sehen, mit einem Glas Saft, Wolfgang und Robert kommen mit Ronaldo etwas später.

Unsere Zelte stehen auch noch und so können wir ein kleines Nickerchen machen, bevor wir die restlichen 1 800 Meter in Angriff nehmen.

Der Weg nach unten ist weit und lang, irgendwann verlassen wir die Steinwüste und kommen wieder in bewachsene Zonen. Hier gehen wir auch an Pflanzen vorbei, die es nur in dieser Gegend gibt, die Protea Kilimanjarensis:

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Es ist nun schon ganz schön mühsam, ich denke mir, dass das Tagesziel, das Mweka-Camp, bald kommen könnte, es sind aber immer noch gut 300 Höhenmeter.

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Auch wird der Weg anspruchsvoller, viele große Steine, man muss bei jedem Schritt aufpassen, wie man ihn setzt:

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Wie überall, hat aber auch in Afrika der längste Weg ein Ende und so kommen wir doch irgendwann im 2 800 m hoch gelegenen Camp an, die Zelte stehen schon wieder.

Ronaldo hat uns gesagt, dass es hier Bier zu kaufen geben wird, zwar zu einem für dieses Land geradezu orbitanten Preis - 3 US$ - allerdings muss es von Trägern 1 300 Höhenmeter raufgetragen werden und es wird nicht, wie bei uns, mit Hubschraubern angeliefert, aber trotzdem eine verlockende Abwechslung für meine inzwischen nur mehr Schwarztee gewohnte Kehle.

Im diesem Camp haben wir auch an unsere Träger das - schon zuvor ausgehandelte - Trinkgeld übergeben, Ronaldo hat gemeint, dass es wichtig ist, jedem der Männer den ihm zustehenden Betrag persönlich zu geben, was wir auch gerne gemacht haben, jedem haben wir auch ein Bier ausgegeben, um einmal mit allen auf die gelungene Tour anstoßen zu können.

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Später haben wir nachgefragt, ob sie wohl noch eine Runde vertragen könnten - sie konnten!

7. Etappe

Die letzte Etappe war nur noch eine Kleinigkeit, nach ausgiebigem Frühstück - immer noch war etwas frisches Obst vorhanden - haben wir die 1 300 Höhenmeter hinter uns gebracht, wieder durch den - hier noch schöneren - Regenwald, alle haben sehr viel fotografiert und schließlich sind wir im Mweka-Camp angekommen, wo schon ein Wagen auf uns gewartet hat, der uns wieder zum Hotel in Moshi geführt hat.

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Rasieren und duschen und man kommt als neuer Mensch aus dem Bad.

Später haben wir noch das eine oder andere Kilimanjaro-Bier (missing)getrunken, uns über das große Ereignis unterhalten und uns über manche der Bergsteiger gewundert, die im Hotelbereich kaum mehr gehen konnten und sich beim Niedersetzen mit beiden Händen abstützen mussten - die sind wohl auf die diversen Medienberichte reingefallen, dass man den Kili »einfach so« - ohne irgendein Training - machen kann, bezahlen muss aber eh jeder selber ...

Am Abend ist Ronaldo vorbeigekommen und hat die Urkunde, die jeder Gipfelbezwinger erhält, überreicht:

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Ein Resümee - was bleibt ...

Es war ein unglaubliches Erlebnis, diese Expedition zu machen, das Gehen durch die diversen Klimazonen hinterlässt viele Eindrücke, mit allen auf den Gipfel gekommen zu sein, ist wunderbar, war aber nicht selbstverständlich.

Die perfekte Organisation von Ronaldo Mvungi hat zur gelungenen Expedition sehr, sehr viel beigetragen, bei ihm ist man richtig, wenn man auf den Kili will.

Ganz wichtig für mich war auch zu erleben, wie mein Körper auf die Höhe reagiert und die einzige Möglichkeit dazu, ist raufgehen. Die Erkenntnis, dass es mir dabei ziemlich gut geht, ist für mich sehr positiv, da es der grundsätzliche Schlüssel zu höherern Bergen ist, auch zu Bergen, wo es keine Tische und Teller und Esszelte mehr gibt und wo der Rucksack größer und schwerer ist, als am Kili ... Die Luft noch weiter oben wird natürlich noch dünner, und die Schritte werden noch schwerer fallen, aber man wird nicht gezwungen, raufzugehen, letztendlich ist vieles - aber nicht alles - eine Frage der inneren Einstellung.

Wolfgang hat zu mir etwas Interessantes gesagt:

»Wenn der Preis, um hier zu stehen, der ist, ein bisschen Kopfweh zu haben, dann bin ich gerne bereit, ihn zu zahlen.«

... und was kommt

Noch in Afrika haben wir beschlossen, 2006 wieder raufzugehen, ein bisschen höher, irgendwo in den Anden ...


Graz, im März 2005, Dietmar Maurer. Alle Rechte vorbehalten.